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5. Warten, warten und warten…

oder auch… „Das Paket“

Ein Beitrag geschrieben von Jan:

Woche 1 des Wartens:

Nach vier langen Tagestouren von Porto über Nazaré und Figuera de Foz, erreichen wir am 26.11.23 die Ankerbucht vor Cascais in Portugal.

Wir schlafen erstmal aus und machen uns dann auf den Weg nach Oeiras ein kleiner gemütlicher Hafen vor den Toren Lissabons. Wir haben uns zu diesem Hafen unsere Windfahnensteuerung bestellt und werden die verbleibenden Tage (geplant 5 Tage) hier nun darauf warten und freuen uns auf einen Tagesausflug nach Lissabon. Die Windfahne kann auf längeren Segeltörns das Steuern für uns übernehmen. Das Ganze funktioniert rein mechanisch ohne Strom. Da wir als nächstes in einem ca. 5 Tagestörn auf die Kanaren wollen, ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt.

Woche 2:

Wir genießen ein paar Sonnenuntergänge am Strand und verbringen die Zeit damit ein paar kleine und größere Reparaturen am Boot durchzuführen. Wir treffen uns mit den SailingClimbers und gehen zusammen Boulder in Lissabon. Die nächsten Tage haben wir ordentlich Muskelkater und warten weiterhin auf das Paket.

Woche 3:

Das Paket steckt noch in Amerika fest. Es wird wohl noch ein paar Tage länger dauern… 
Wir machen einen zweiten Tagesausflug nach Lissabon und warten weiter auf das Paket.
Mit einem Wein genießen wir die Sonnenuntergänge am Strand und erledigen alle nur erdenklichen Arbeiten am Boot. Wir warten weiter.

Woche 4:

Gute Nachricht: Das Paket ist auf dem Weg und kommt wohl noch vor Weihnachten an.

Wir vertreiben uns die Zeit mit Surfen lernen, weiteren Sonnenuntergänge am Strand bestaunen und einem Großeinkauf um vorbereitet zu sein für die nächste Tour Richtung Süden. Das Paket kommt ja bald…

Woche 5:

Das Paket steckt beim Zoll in Lissabon fest.
Wir verbringen also Weihnachten in Oeiras, auch schön. Auf dem drei Flammen-Gasherd und dem Backofen bereiten wir uns ein fantastisches Festessen. Wir fangen an Skat zu lernen. Genug Zeit haben wir ja.

Woche 6:

Schön hier, aber waren Sie schon mal …

… an Silvester in Lissabon? Wir bestaunen am Fluss „Tajo“ in Lissabon gigantische Feuerwerke.
Wir waren auf der ganzen Tour noch nicht so lange an einem Ort. Naja, uns bleibt nichts anderes über und wir warten immer noch auf das Paket.

Woche 7: 

Endlich, endlich, endlich! Das Paket ist „zur Abholung bereit“. Wir haben gerade das neue Jahr mit einem riesigen Feuerwerk in Lissabon begrüßt. Jetzt können wir unser Paket am Flughafen abholen. Nach dem ich überraschend viel Geld für die Einfuhrsteuer (Portugal 23%) bezahlt habe, halte ich jetzt schließlich das Paket in den Händen! Jetzt muss ich das große 25 kg schwere Paket nur noch die 20 km zum Boot zurück bekommen… 

4. Freitag der 13te …

Bild links: Katja und Ingo auf der Suche
Bild rechts: Unsere zurückgelegte Strecke auf dem Kartenplotter

Ein Bericht geschrieben von Jan:

Freitag, der 13.10.2023. Katja und ich sind zu zweit an Bord.

Es ist morgens und wir liegen noch in unseren Betten. Die Nacht war unruhig und laut. Es war deutlich windiger als gedacht. Das Boot ruckt immer wieder in den Anker. Der Regen prasselt ununterbrochen aufs Deck und der Wind heult im Mast. Auf den Handys haben wir eine Ankeralarm-App, die uns alarmiert, sobald wir einen eingestellten Radius um unseren Anker verlassen. Das gibt uns etwas Sicherheit, aber gut schlafen können wir bei solchen Bedingungen nicht.

Um 08:10 Uhr ist es soweit. Die Handys geben Alarm. Laut App treiben wir ab. Der eingestellte Radius liegt bei 30m. Inzwischen sind wir bei 35m. Dann 37m und 40m…

Also schnell raus aus dem Bett und gucken. Shit, wir treiben wirklich ab! Der Wind hat den Anker ausgerissen und wir treiben langsam aber sicher Richtung Felsküste. Es ist dunkel und der Regen peitscht uns ins Gesicht. Katja schmeißt den Motor an und versucht das Boot weg von den Felsen in den Wind zu fahren. Ich hole in der Zeit den Anker hoch.

Katja versucht bei 40 Knoten Wind das Boot unter Kontrolle und mehr Abstand zum Land und den Felsen zu bekommen. Der Wind drückt den Bug immer wieder zur Seite. Wir schieben unter Top und Takel ca. 30° Schräglage (Top und Takel = Formulierung für alles, was fest an Deck steht ohne das Segel draußen sind). Wir starten einen Versuch neu zu Ankern. Katja steuert und ich schmeiße den Hauptanker und zusätzlich den Ersatzanker – ohne Erfolg. Beide halten nicht und werden immer wieder aus dem Sand gezogen. Beim Hochholen beider Anker verdreht sich die Kette in der Winsch und ich kriege von Hand keinen der beiden Anker wieder hoch. Nach 5min Ziehen und Zerren gelingt es mir alles zu enttüddeln und beide Anker wieder an Deck zu holen.

Wir entscheiden uns den Starkwind abzuwettern, indem wir (wie auch ein anderer Segler) unter Motor in der Bucht auf und ab zu fahren. Zum Glück wird es gleich gegen 09:00 Uhr hell. Nacheinander ziehen wir uns trockene Kleidung und Ölzeug an. Bisher waren wir sportlich in Schlafsachen unterwegs.
(Im Titelbild rechts ist die zurückgelegte Strecke in lila zu sehen)

Es wird langsam hell. Wir fahren bei schlechter Sicht, dank waagerechtem Regen, zwischen den Muschelbänken durch und warten so, dass es ruhiger wird.
Unser Dingi, dass wir hinter uns herziehen, kentert mehrmals durch. Dabei verlieren wir die Paddel und die Luftpumpe, die noch im Dingi lagen. Kurzzeitig drückt der Wind das Dingi hinten auf unsere Badeplattform und reißt dabei unsere Flagge inkl. Flaggenstock ab.

Gegen 09:10 Uhr lässt der Wind ein wenig nach und bläst nur noch mit ca. 30 Knoten. Wir starten einen neuen Versuch zu Ankern und fahren wieder Richtung Strand. Der Anker hält dieses mal gut. Wir sammeln uns und gönnen uns erstmal einen Kaffee und eine Wärmflasche.

Wir verbringen den Vormittag im Cockpit unter der Sprayhood einigermaßen geschützt vor dem Regen und beobachten immer wieder, ob der Anker hält. Gegen 12:00 Uhr stellen wir fest, dass wir auch unseren Ankerball verloren haben (ein runder Ball, der anzeigt, dass wir vor Anker liegen). 

Gegen 14:00 Uhr flaut der Wind endlich ab und auch der Regen lässt nach. Nach einem kurzen Funkwechsel kommt unser Ankernachbar Ingo (auch Deutscher 😉 ) mit seinem Dingi vorbei um uns beim Suchen der verlorenen Sachen zu helfen (im Titelbild links). Unser Dingi ist nicht mehr das Beste und verliert Luft. Mit ein wenig Glück finden wir die Luftpumpe zwischen zwei Felsen wieder. Immerhin können wir unser Dingi jetzt wieder nutzen 😉

Resümee: Dingi Platt, demolierte aber noch funktionsfähige Pumpe, keine Paddel, keinen Ankerball und keine Flagge mehr.

3. Der Ärmelkanal – In guten wie in schlechten Zeiten

Ein Beitrag geschrieben von Katja:

Wir schreiben den 17. August im Jahre 2023. Gegen 0600 morgens ist der Plan in Boulogne-sur-Mer abzulegen. Wir stellen jedoch fest, dass wir für die letzte Nacht noch nicht bezahlt haben und dass das Hafenbüro erst um 0700 öffnet. Naja, dann fahren wir halt erst um kurz nach 7 los…
Wir motoren „as quickly as possible“ aus der Hafeneinfahrt raus, nachdem wir über Funk die „permission to cross the harbour“ bekommen haben. Kurz hinter der Hafenausfahrt wartet ein Segler in Fahrtrichtung Hafen vermutlich auf die Freigabe das Hafenbecken zu passieren. Als der Segler ungefähr querab von uns ist, fängt er sehr schnell an rückwärts zu fahren und düst rückwärts in einem großen Bogen vor unserem Boot lang. Wir halten unseren Kurs bei und wundern uns was wohl sein Auftrag sei. Als er auf unserer Steuerbord-Seite angekommen ist, legt er den Vorwärtsgang ein und fährt seitlich an uns vorbei Richtung Hafenausfahrt. Kurz darauf lässt er sich wieder zurückfallen, kreuzt zwei-drei mal unser Kielwasser um dann doch an uns vorbei aus dem Hafen rauszufahren. Komischer Vogel…

Der Plan sieht vor, dass wir am nächsten Tag abends gegen 1900 in Cherbourg einlaufen. Das sind insgesamt 147sm Richtung Westen. Die Windvorhersage sagt heute morgen 5kn aus nordost – den Tag über mehr werdend. Gegen 1700 soll der maximale Wert von 23kn erreicht werden und erst in den frühen Morgenstunden wieder bis auf 5kn abflauen. Anders gesagt: Wir haben schönen Schiebewind von hinten und können gut Strecke machen. Am 18. tagsüber müssen wir vermutlich das letzte Stück motoren… so der Plan!

Gegen 0830 setzen wir die Segel auf „Schmetterling“ was soweit auch ganz gut funktioniert. 1,5 Stunden später pulen wir den Spinnaker raus und machen bei 7/8kn Wind 3kn Fahrt durchs Wasser. Der Strom läuft mit ca. 1 kn mit uns. Von den Farben und dem Stoff ähnelt der Spinnaker (Spi) einem Schwungtuch wie die, die es bei Kinderfesten zu sehen gibt. Der Spi ist nur bei Leichtwind und achterlichen Winden zu fahren – also perfekt für die jetzige Situation. Das Wetter ist herrlich und der Ärmelkanal scheint es gut mit uns zu meinen. Um 1108 cremt sogar Jan sich freiwillig mit Sonnencreme ein. Um kurz vor 1200 stellen wir fest, dass der Strom nachgelassen hat. Wir fahren bei inszwischen 12kn Wind stabile 5,4kn durchs Wasser. 

Kleiner Sidefact: Jedes Boot hat bedingt durch die Form, Größe und das Gewicht eine Maximalgeschwindigkeit, die das Boot fahren kann. Unsere maximale Rumpfgeschwindigkeit liegt rechnerisch so bei 7,6kn Fahrt durchs Wasser (14kmh). Über Grund kann man dem entsprechend schneller sein, wenn der Strom mit einem ist.

Da wir bereits schon 13kn Wind von hinten haben und der Wind noch weiter zunehmen soll, holen wir den Spinnaker wieder rein und fahren mit dem Schmetterling weiter. Zudem rechnen wir damit, dass der Strom kippt und wir die nächsten 6 Stunden Wind gegen Wasser haben und sich dadurch mehr Welle aufbaut. 

Gegen 1500 hat der Wind auf 16kn zugenommen. Der Strom ist komischerweise mit 1,5kn wieder mit uns, sodass wir 7,5kn über Grund fahren. Es sind noch 105sm bis nach Cherbourg. Der Strom, der Wind und die Welle nehmen im Laufe des Nachmittags noch weiter zu. Bis auf, dass der Strom immernoch mit uns ist, läuft alles wie geplant.

Wir sind anscheinend in ein nicht markiertes Fischergebiet gefahren. Die nächsten 10sm finden wir immer wieder Fischerbojen um uns herum. Eine Boje sehen wir erst als sie ca. 1m nehmen unserem Cockpit vorbeirauscht.
Die Welle trägt uns vor sich her und der Strom schiebt gut. Es ist etwas schwierig zu steuern, da man aufpassen muss, dass die Welle exakt von hinten kommt. Sonst verdreht die Welle das Boot und wir fahren spontan in eine andere Richtung. Die Segel schlagen dann um. Das ist nicht so gut für das Material und auch für uns etwas schaukelig. Wir brechen unseren Geschwindigkeitsrekord und fahren mit der Welle 8,9kn durchs Wasser und stabile 11,3 kn über Grund. Das fühlt sich fast an wie fliegen. 

Die Person, die gerade steuert muss sich gut konzentrieren und die Wellen so gut es geht weg parieren damit das Boot ungefähr den Kurs von 240 Grad beibehält.
Wir bereiten uns auf die Nacht vor. Gegen 2030 stellen wir fest, dass der Strom nachgelassen hat. Das fehlt uns jetzt noch, dass zur Nacht hin der Strom kippt. Kommt der Wind weiterhin von hinten und der Strom fortan von vorne, baut sich eine kurze unangenehme Welle auf. Nach unserer Planung hätten die letzten 6 Stunden Strom gegen uns sein müssen und jetzt nun wieder mit uns…

Die Wellen werden höher – bis zu 3m. Der Wind mit 25kn schiebt gut von hinten. Wir sind alle mit Saftyleinen gesichert. Um 2111 passiert es das erste mal. Die Welle zieht das Heck vom Boot zur Seite, sodass wir parallel zur Welle fahren. Ungefähr so wie man das bei Wellensurfern sieht. Nur dass wir auf einem Segelboot sind und der Laufweg der Backbordseite durch die Schräglage vollständig überspült wird. Wasser rauscht unter die Sprayhood. Die Segel schlagen um. Jetzt heißt es das Ruder festhalten und warten bis die Welle vorbei ist damit wir wieder unseren Kurs aufnehmen können. Das war auf einmal ganz schön viel Wasser mit ganz schön viel Schräglage. So schnell waren wir noch nie. 
Gut, wir fahren wieder den gewünschten Kurs und wir holen das Vorsegel rein. Noch 50sm bis Cherbourg. Also gute 8 Stunden wenn wir mit der Geschwindigkeit weiterfahren. 
Der Strom gegen uns nimmt zu. Die Welle wird dadurch höher und kürzer. Passend dazu verschwindet gerade die Sonne am Horizont. Man sieht die Wellen nun nicht mehr kommen, sodass es noch schwieriger wird das Boot passend zur Welle zu steuern. Wir werden durchgeschaukelt durch das ständige auf und ab. Die Großschot schlägt trotz Bullenstander (Leine, die das umschlagen verhindern soll) um. Es rumst noch einmal und der Baum schlägt wieder auf die andere Seite. Aber Moment – warum ist die Großschot lose?! Die Verbindung vom Baum zum Cockpit ist gebrochen. Das Großsegel und der Baum werden von dem Wind unkontrolliert an die Wanten gedrückt. Jetzt heißt es Motor an und aufpassen, dass der Baum auf der Steuerbordseite bleibt. Ein Glück haben wir noch den Bullenstander, der auch am Ende des Baums festgemacht ist. Wir fahren so vorsichtig es gerade geht in den Wind. Der Baum schwingt zurück ins Cockpit. Es ist inzwischen stockdunkel. Wir versuchen die Großschot mit einem Karabiner wieder an den Baum einzuhängen. Das Großsegel flattert und zieht am Baum. 

Beim 4. Versuch klappt es – sehr gut. Wir lassen die Bullenstanderleine als Backup parallel zur Großschot laufen und fallen leicht ab, damit das Segel nicht mehr so schnell umschlagen kann. Trotzdem passiert es und diesmal verfängt dich die Großschot am Solarpanel. Die Großschot faltet das Solarpanel zusammen, löst die Verbindungen zum Seezaun und legt das Solarpanel neben Jans Schulter ab. Das Ganze ungefähr in 0,5 Sekunden. Das Cockpit ist voller Scheiben. Niemand ist verletzt. Wir entscheiden uns dazu den Kurs Richtung Süden aufzunehmen und den Hafen „le havre“ in 30sm Entfernung anzulaufen. Das sind zwar immernoch 6 Stunden Fahrt, aber in der Richtung soll der Wind als erstes nachlassen und wir haben Wind und Strom (von wo der auch immer kommt) von der Seite. Gegen 0630 kommen wir mit der Dämmung heile und groggi im Hafen an.

So schön der Tag auch begann, hatte die Nacht es in sich. Wir haben ein Solarpanel verloren, eine kaputte Umlenkrolle und einen ausgekippten Aschenbecher im Cockpit – aber darum kümmern wir uns morgen!

2. Die erste Nachtfahrt!

Ein Beitrag geschrieben von Katja:

10.-11.08.23 Scheveningen – Calais

Gegen 0500 klingelt der Wecker – aufstehen. Das Segelboot, was sich am vorabend zu uns ins Päckchen gelegt hat, fährt gerade weg.
0615 schmeißen wir die Leinen los und fahren auf die Nordsee. Heute ist der erste Tag der Allianz Sailing World Championship hier in Scheveningen/Den Haag. Doch jetzt beim Sonnenaufgang ist hier noch nicht viel los – gut für uns.
Unser Ziel ist Seebrügge in Belgien. Das sind 62sm. Wenns gut läuft, fahren wir eventuell durch die Nacht noch weiter bis Calais. Aber das entscheiden wir später.
Der Wind kommt aus WNW mit 8kn. Wir setzen das Großsegel und holen die Genua (Vorsegel) raus. Der Motor läuft mit. Da wir vor dem Wind wegfahren, bleibt von den 8 kn Wind nicht mehr viel übrig. Wir haben 1,5kn Gegenstrom und machen ca 3,5 kn Fahrt durchs Wasser.

Gegen 1015 liegt das Fahrwasser von Rotterdam vor uns. Wir bergen die Genua und fahren nur mit dem Großsegel unter Motor weiter. Es ist nicht viel los. Wir lassen 2 Containerschiffe von Rotterdam kommend durch und kreuzen dann das Fahrwasser. Das war einfacher als erwartet.

Gegen 1530 ist Seebrügge in Sicht. Inszwischen haben wir den Strom mit uns und machen 6,5kn Fahrt über Grund. Der Wind hat noch mehr nachgelassen, sodass wir auch das Großsegel runterholen. Wir entscheiden uns dazu die Nacht zufahren. Das sind dann noch 72 weitere Seemeilen bis Calais. Wir tanken noch 2x 20L Diesel nach. Das war unsere Reserve – sollte aber dicke reichen.

Um 1730 gibts Essen – Chilli sin carne.
Von um 2100 bis 0600 haben wir Schichten eingeteilt. Jede/jeder hat 3h Wache, 3h Bereitschaft und 3h frei.
Die Sonne geht gegen 2130 unter. Richtig dunkel ist es aber erst gegen 2245. Wir haben komischerweise immernoch Strom mit uns. Zum Schichtwechsel um 0000 entscheiden wir uns dazu etwas langsamer zu fahren, damit wir nicht im Dunkeln schon ankommen. Die Nacht bleibt ruhig.
Gegen 0530 steuern wir das Fahrwasser von Calais an. Hier ist einiges an Fährverkehr unterwegs, aber dank der Dämmerung fällt das Navigieren einfacher. Um 0610 machen wir an einer Ankerboje vor dem Hafen fest. Der Hafen liegt hinter einer Schleuse. Nun warten wir bis die Schleuse um 0814 uns reinlässt und machen um 0820 am Gästeschlengel fest – 118sm geschafft.

1. Tag der Reise! Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt…

Ein Beitrag geschrieben von Jan:

Stade-Glückstadt

Windvorhersage 12-20kn Wind aus West/Westsüdwest
Besegelung: Genua
Dauer: 1,5-2 Std

Um 10:40 schmeißen wir die Leinen in unserem Heimathafen los. Anschließend winken wir in Stadersand noch Freunden und Familie und dann rauf auf die Elbe.
Der Wind weht moderat mit 12-15kn aus West.
Wegen eines Tankers wechseln wir auf die rote Seite und wollen dann mit 3-4 Schlägen aufkreuzen, rum um die Insel (Rhinplate) und dann rein nach Glückstadt. So ist zumindest der Plan.
Es ist sonnig und die Stimmung ist gut.
Höhe Pagensand-Nord frischt der Wind auf. Die Wellen sind inzwischen ca. 0,5-1m hoch, da Wind gegen Wasser steht.
Ab dann wird es stetig schlechter. Der Wind bläst in der Spitze mit 32kn und wir kämpfen uns gegen die Wellen und gegen den Wind vor. Die Stimmung ist gut – endlich ist was los!
Aufgrund einiger aufkommenden Frachtschiffen müssen wir kurze Schläge außerhalb des Fahrwasser setzen.
Kurz vor der Rhinplate frischt der Wind noch weiter auf. In den Spritzen lesen wir 37kn Wind auf der Windanzeige und schätzen die Wellenhöhe auf 1,5-2m. Regen und immer wieder überkommende Gischt erschweren das Ganze. Wir bergen das Segel und schalten den Motor an.
Beim Segelbergen bildet sich ein „Luftsack“ im Vorsegel, sodass das Achterliek im Wind flattert. Natürlich kommt es dann wie es kommen muss – die Genua reisst etwa 1,3 m am Achterliek ein und die Rollanlage verhakt sich. Ich krabble aufs Vorschiff um die Rollanlage per Hand zu bedienen damit das Segel nicht noch mehr kaputt geht.

Man könnte meinen das reicht erstmal für den ersten Tag… Auf Höhe der Nordspitze der Rhinplate sind wir langsam in Landabdeckung und freuen uns über die immer kleiner werdenden Wellen. Mit der langsam eintretenden Ruhe hören wir ein komisches Geräusch vom Motor. Katja geht unter Deck um die Motortemperatur zu prüfen – 120° und mehr. Das ist gar nicht gut!
Katja und Amelie bauen schnell die Motorabdeckung ab und stehen innerhalb weniger Sekunden in dichtem weißen Rauch. Wir reißen die Fenster auf um uns einen Überblick zu verschaffen. Da geht der Motor auch schon aus… Die Bilge ist voll mit Kühlmittel. Die Wasserpumpe scheint zu lecken.
Trotz ablaufendem Wasser treibt uns der Wind gegen den Strom weiter Richtung Hafen. Allerdings kommt nicht nur der Hafen näher sondern auch eine Sandbank an Backbord. Im Effekt werfen wir den Anker um uns erstmal einen Überblick zu verschaffen und Walda vorm Auflaufen auf die Sandbank zu schützen. Kaum ist der Anker unten, kommt auch schon die Idee auf den Außenborder, der eigentlich für das Beiboot ist, an das Heck zu klemmen und als Notmotor zu nutzen. Für genau diesen Fall haben wir schließlich einen Langschaftaußenborder. Gesagt getan. Ich stehe hinten am Heck und bedient den Außenborder. Katja steht am Steuer und Amelie bereitet das Notanlegemanöver mit Leinen und Fendern vor. Der Außenborder schafft es, dass wir gegen den Strom noch 2 kn Fahrt über Grund machen. Da kann man nicht meckern. Mit dem immer noch starken Wind aus West und nur mit Außenborder legen wir ein heikles, knappes aber gutes Anlegemanöver hin. Ganz im Sinne von Guido Dwersteg „Man kann sich auch mal beim Nachbarn anlehnen“. Nur, dass der Nachbar ein 80cm Stahldalben war.

Resümee:
Genua kaputt
Motor Totalschaden
Mein Bett ist nass, weil ich Dödel meine Luke nicht zu gemacht habe.